Infos Dyskalkulie
Bei der Problematik des „Nicht-Rechnen-Könnens“ (vgl. Krajewski 2003) trifft man auf eine Vielzahl von Begriffen, wie z. B. Arithmasthenie, Rechenstörung, Rechenschwäche oder (Entwicklungs-)Dyskalkulie. Geprägt ist die Begriffsbestimmung zumeist von der Forschungsrichtung, aus der die Autoren entsprechender Pubklikationen kommen. Der Fachbegriff Dyskalkulie, der vorwiegend von medizinischer oder neuropsychologischer Seite verwendet wird, setzt sich aus der Vorsilbe „Dys-“ und dem Verb „kalkulieren“ zusammen. Erstere weist auf eine Störung der normalen Funktion hin, das Verb bezeichnet das Rechnen mit Zahlen. Kennzeichnend für diese Lernstörung ist ein Auftreten verschiedenster Symptome, die vorwiegend auf ein Defizit in der Mengen- und Zahlenvorstellung oder Zahlverarbeitung zurückzuführen sind.
In der Regel tritt diese Entwicklungsbeeinträchtigung im Erwerb der Rechenfähigkeiten unabhängig von anderen schulischen Leistungen auf. Es ist aber auch möglich, dass zusätzlich besondere Schwierigkeiten im Lese-/Rechtschreiberwerb oder Aufmerksamkeitsdefizite vorliegen. Von einer Dyskalkulie sind nach epidemiologischen Studien 3-6 % der Schulkinder betroffen, sie ist also in etwa gleichbedeutend zur Legasthenie.
Folgende Definition des bayerischen Landkreistages (1996) beschreibt den Begriff etwas genauer:
Bei Dyskalkulie (Arithmasthenie, Rechenschwäche) sind bereits im Vorschulalter und im Schuleingangsbereich Teilausfälle und partielle Entwicklungsverzögerungen nachweisbar, die eine spätere Dyskalkulie zur Folge haben. Es handelt sich z. B. um Schwächen im visuell-räumlichen Vorstellungsvermögen, in der Mengenerfassung (vor dem Zahlbegriff), in Problemen im Verständnis des Gleichheitsbegriffes und hinsichtlich des Operationsverständnisses.
Dies führt zu sich ausweitenden Lerndefiziten, die aufbauenden Stoff nicht mehr vermittelbar machen […]. Die Wissensdefizite weiten sich zu spezifischem Versagen in der Mathematik. Wiederholung von Klassen bringt keinen Erfolg für das Fach Mathematik.
Erkennungsmerkmale einer Dyskalkulie
- Häufiges Verrechnen um 1 oder 10
- Zehnerübergang stellt große Hürde dar
- Ziffern werden bei mehrstelligen Zahlen vertauscht
- Verwendung der falschen Rechenart
- keine Orientierung im Zahlenraum, Überschlag nicht möglich
- „unerklärliche Fehler“ in den Grundrechenarten
- im Alltagsleben: Probleme beim Vergleichen, beim Schätzen von Mengen, beim Umgang mit Maßen und Geldwerten;
- Das Fach Mathematik ist extrem angstbesetzt.
- Hausaufgaben im Fach Mathematik nehmen oft extrem viel Zeit in Anspruch.
Nicht bei jedem rechenschwachen Kind müssen alle Erkennungsmerkmale zutreffen, teilweise wiederum kommen auch weitere hinzu. Entscheidend ist, inwieweit das Kind unter seiner Störung leidet, wie die familiäre Situation (z. B. Hausaufgaben) davon belastet ist und ob bereits Folgebeeinträchtigungen (z. B. Schulangst, Bauchweh, Kopfschmerzen o. Ä.) eingetreten sind.
Wenn mehr als drei der obengenannten Punkte bei Ihrem Kind zu erkennen sind, sollten Sie überprüfen lassen, ob eine Dyskalkulie vorliegt. Ansprechpartner hierfür sind entweder der Beratungslehrer oder der zuständige Schulpsychologe Ihrer Schule.
Ist die Wartezeit bei den betreffenden Stellen zu lang oder möchten Sie nicht, dass die erhobenen Daten in die Schulakte eingehen, können Sie sich auch an die Erziehungsberatungsstelle, einen niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiater oder eine private Institution wenden. Ein wichtiges Qualitätsmerkmal für private Einrichtungen ist, ob sie beim zuständigen Jugendamt anerkannt sind und Lerntherapien in deren Auftrag ausführen.
Unterscheidung Rechenstörung und Rechenschwäche
Eine klare Grenzlinie zwischen dem Vorliegen einer Rechenstörung (Dyskalkulie) und einer Rechenschwäche lässt sich kaum ziehen. Wo die Rechenstörung anfängt und wo die Rechenschwäche aufhört, liegt im Ermessen der jeweiligen Fachkraft, die darüber entscheidet. Ein wichtiger Faktor hierbei ist auch, inwieweit das betreffende Kind unter seinen Problemen leidet und ob wirklich von einer Teilleistungsstörung gesprochen werden kann.
Aber egal, ob nun eine Rechenstörung, ein Grenzfall oder eine Rechenschwäche vorliegt, Hilfsmaßnahmen sind notwendig und auf der Basis einer differenzierten Diagnose in der Regel auch möglich. Um es noch einmal zu betonen: Auch beim Vorliegen einer ausgeprägten Dyskalkulie können durch eine gezielte, qualifizierte Einzelförderung Fortschritte erzielt werden. Das heißt nicht, dass eine Rechenstörung vollständig behoben werden kann (dies ist nur selten möglich), aber der/die betroffene SchülerIn kann seine/ihre Möglichkeiten erweitern, sich bis zu einem bestimmten Grad verbessern und Strategien entwickeln damit bestmöglichst umzugehen. Am wichtigsten dabei ist wohl, dass das Kind davor bewahrt wird in den TEUFELSKREIS LERNSTÖRUNG hineinzugeraten bzw. Hilfen erfährt mit denen es aus diesem Teufelskreis herauskommen kann.
(2) Vollzug des § 35a SGB VIII (1996): Arbeitshilfe des bayerischen Landkreistages für Legasthenie und Dyskalkulie